Chancen und Herausforderungen des Handwerks

Handwerker mit Tablet© LHLK

Das Handwerk ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Wirtschaft. Rund eine Million hauptsächlich kleiner und mittlerer Betriebe beschäftigen über fünf Millionen Menschen und fast jeder dritte Lehrling wird in einem Handwerksbetrieb ausgebildet. Dennoch hat die volkswirtschaftliche Bedeutung des Handwerks über die Jahre gesehen relativ abgenommen. Wo vor rund dreißig Jahren noch mit 40 Prozent fast die Hälfte aller Lehrlinge, etwa 20 Prozent aller Beschäftigten und 16 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung das Handwerk ausmachten, sind die Zahlen bis heute bedeutend zurückgegangen. Noch sind 28 Prozent aller Auszubildenden in der Branche beschäftigt, sowie 13 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Angestellten. Das Handwerk erwirtschaftet mittlerweile noch neun Prozent der gesamten Umsätze.

Die Ursachen für diesen beschleunigten Strukturwandel sind vielfältig. Heute trägt nicht mehr nur das Handwerk die deutsche Wirtschaft, sondern vor allem auch die stark wachsende Exportbranche. In den letzten Jahren ist die Zahl exportierender Unternehmen stark gestiegen, vor allem im Mittelstand. Rund 12 Prozent aller deutschen Betriebe exportieren, rund 98 Prozent der 350.000 deutschen Exporteure sind aus dem Mittelstand. Sie bilden somit eine wichtige Stütze der Export- und auch der Gesamtwirtschaft und gewinnen zunehmend an Bedeutung.[1]

Auch die Bauinvestitionen sind in den vergangenen Jahren relativ gesunken. Dies betrifft die Bauleistungen an Gebäuden und sonstigen Bauten, was sich an der Auftragslage der Handwerksunternehmen bemerkbar macht.

Solider Mittelstand für mehr Stabilität im Handwerk
Ein solider Mittelstand ist Voraussetzung für mehr Stabilität in der Handwerksbranche. Doch mit der im Jahr 2004 eingeführten Novelle der Handwerksordnung, welche die zulassungsfreien Handwerke zuließ, wurde die Branche in ein Ungleichgewicht gebracht. Positiv zu vermerken war im Anschluss an die Novelle eine steigende Zahl von Neugründungen, allerdings überwiegend Einzelbetriebe ohne Angestellte. Dies verhindert eine nachhaltige Sicherung des Nachwuchses durch Ausbildungsplätze, denn mittlerweile fallen rund 42 Prozent der Handwerksbetriebe unter die Kategorie der Solobetriebe.[2] Dennoch: Die Kultur der Selbständigkeit ist unabhängig von der Betriebsgröße ein wesentliches Merkmal des Handwerks und Treiber für Innovation und betriebliche Anpassungsfähigkeit. Mit der Einheit von fachlicher und unternehmerischer Qualifikation und
der Bereitschaft zur Verantwortung, übernimmt das Handwerk eine wichtige gesellschaftliche Vorbildfunktion.

Digitalisierung als Chance und Herausforderung für den Mittelstand
Mit der fortschreitenden Digitalisierung eröffnen sich dem Handwerk neue Möglichkeiten. E-Mail und Internet gehören mittlerweile zum Geschäftsalltag. Auch im Handwerk steigt der Online-Handel mit Produkten rapide und bietet den Unternehmen neue Absatzmöglichkeiten. Damit das Handwerk seine Vorbildfunktion in Zeiten fortschreitender Digitalisierung aufrechterhalten und auch ausbauen kann, werden zunehmend Hilfestellungen angeboten. Die neue Förderinitiative "Mittelstand 4.0 - Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse", zunächst bestehend aus elf Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren und vier Agenturen, unterstützt insbesondere Handwerksbetriebe und mittelständische Unternehmen bei der Digitalisierung, sowie der Anwendung von Industrie 4.0 durch praxisnahe Lösungen. Das neu eingerichtete Kompetenzzentrum "Digitales Handwerk" hilft den Unternehmen dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und vor allem neue Geschäftsfelder im Bereich der Digitalisierung zu erschließen. Dabei werden vier in Deutschland verteilte Schaufenster den KMU aus dem Handwerksbereich mit Know-how zur Seite stehen und sie flächendeckend zu neuen Technologien informieren und ihren Einsatz im Unternehmen fördern.

Die durch die Digitalisierung ermöglichte Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Produkte kann für das Handwerk einen enormen Aufschwung bedeuten. Mit innovativen Arbeitsstrukturen wird die Effizienz rapide gesteigert und die Erschließung neuer Märkte vorangetrieben. So kann das traditionelle Handwerk auch mit modernen Technologien Hand in Hand gehen und auf diese Weise den Mittelstand stärken.

[1] http://www.ifm-bonn.org/studien/mittelstand-gesellschaft-und-staat/studie-detail/?tx_ifmstudies_detail[study]=76&cHash=26f014b2eb09831f0ead7bdbfdf5bda5
[2] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/192151/umfrage/entwicklung-der-bauinvestitionen-in-deutschland-seit-1991/