Fertigkeiten, Kenntnisse und eBusiness – muss sich das Handwerk neu erfinden?

Von Walter Pirk, Projektleiter Technologie-Transfer/Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik an der Leibniz Universität Hannover
Mann am Laptop und Taschenrechner© Fotolia_ldprod

Während Internetnutzung und E-Mail-Verkehr mittlerweile Standard in allen Handwerksbetrieben sind, finden Aspekte wie die Nutzung mobiler Anwendungen, Dienstleistungsangebote auf Basis moderner IKT, Digitalisierung von Arbeits- und Produktionsprozessen sowie die Internet- und Datensicherheit nur zögerlich Einzug in die Betriebe. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat in seiner Umfrage „Digitalisierung der Geschäftsprozesse im Handwerk" 2013 die Situation in den Betrieben skizziert. Dabei zeichnen die Unternehmer des Handwerks kein einheitliches Bild hinsichtlich der Chancen und Risiken, da die Betriebe ganz unterschiedliche Anforderungen an Technikeinsatz, Betriebsorganisation, Personal und Marktkommunikation haben. Die Umfrage macht deutlich, dass die Herausforderungen der digitalen Welt für Unternehmer und Fachkräfte erst noch zu bestimmen sind.

Walter Pirk, Projektleiter Technologie-Transfer© Walter Pirk

Zudem nimmt seit der Novellierung der Handwerksordnung (01.01.2004) der Betriebsbestand zwar kontinuierlich zu, jedoch werden die Betriebe im Schnitt immer kleiner. Dies hat Auswirkungen auf ihre Leistungs- und Innovationsfähigkeit. Die gut eine Million Handwerksbetriebe haben durchschnittlich weniger als acht Mitarbeiter. Dennoch: Die Kultur der Selbstständigkeit ist unabhängig von der Betriebsgröße ein wesentliches Merkmal des Handwerks und Treiber für Innovation und betriebliche Anpassungsfähigkeit. Mit der Einheit von fachlicher und unternehmerischer Qualifikation und der Bereitschaft zur Verantwortung übernimmt das Handwerk eine wichtige gesellschaftliche Vorbildungsfunktion. 

Seit 2012 existiert nunmehr die Initiative „eKompetenz-Netzwerk für Unternehmen", welche bundesweit durch 38 regionale eBusiness-Lotsen anbieterneutrale und praxisnahe IKT-Informationen für IT-Anwender-Unternehmen zur Verfügung stellt. In einem von vom Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik (HPI) eigens für die Handwerksorganisation initiierten Workshop während des Ausschreibungsverfahrens der Initiative wurde über die fachliche Perspektive der neuen Förderinitiative und die Integration in bestehende Förderstrukturen diskutiert. Die Handwerksorganisationen beteiligen sich erfreulicherweise mit großem Engagement; 23 Kammern sind bundesweit in die Arbeit der eBusiness-Lotsen eingebunden. Das HPI ist – ebenso wie die Handwerkskammern Hannover und Braunschweig-Lüneburg-Stade – Konsortialpartner des eBusiness-Lotsen Hannover. 

Darüber hinaus führte im Jahr 2012 die vom HPI und den Beauftragten für Innovation und Technologie durchgeführte Technologiebeobachtung zur Bearbeitung zweier Forschungsprojekte mit konkretem Bezug zur Digitalisierung.

1. Projekt: "IT-Sicherheit im Handwerk"
Ziel:  Qualifizierung zahlreicher Berater zu sogenannten "IT-Sicherheitsbotschaftern"

2. Projekt: eworkbau (Building Information Modeling - BIM)
Ziel: Entwicklung und Erprobung eines BIM-Schulungskonzeptes für die Bau- und Ausbaugewerke.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie die Handwerksorganisationen unterstützen seit 2005 die Innovationsanstrengungen der Handwerksunternehmen im Rahmen der Förderlinie des Beauftragten für Innovation und Technologie. Damit wird die notwendige Information und Beratung über alle innovationsspezifischen Themenfelder sichergestellt. Die Förderlinie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Wissens- und Technologie-Transfers zwischen den Akteuren des Innovationssystems. Derzeit sind 78 Beauftragte für Innovation und Technologie in 44 Organisationen des Handwerks beschäftigt. Die zentrale Leitstelle (ZLS) für Technologie-Transfer im HPI an der Leibniz Universität Hannover koordiniert und unterstützt die fachliche Arbeit der Beauftragten für Innovation und Technologie durch eine wissenschaftliche Begleitung. Handwerksbetriebe profitieren im Rahmen der handwerkseigenen Beratungsangebote von organisatorischen und strukturellen Verbesserungen im Betriebsablauf bzw. Innovationsverhalten. Technische Systeme können die Unternehmen bei der Verbindung von Produktivität und Effizienz unterstützen. Wohl aber müssen die Systeme auf die betrieblichen Strukturen und Qualifikationen abgestimmt sein.

In der Typologisierung des innovativen Handwerks wird unterschieden zwischen traditionellen Betrieben, Dienstleistungsinnovatoren, technologiebasierten Nischenanbietern, technischen Problemlösern für gewerbliche Abnehmer und radikalen Innovatoren. Vier Handwerksbetriebe mögen beispielhaft aufzeigen, wie der Wandel in das Digitale Zeitalter – zum Teil in Kooperation mit eBusiness-Lotsen, auf der Basis einer soliden Berufsausbildung gelingen kann:

Die Digitale Agenda 2014 – 2017 der Bundesregierung beschreibt konkrete Zielsetzungen, wie die Digitalisierung der Wirtschaft unterstützt werden soll. Das Heinz-Piest-Institut ist damit beauftragt, die Folgen der Digitalisierung und Unterstützungsbedarfe für handwerkliche Betriebe umfänglich zu ermitteln.

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