eSTANDARDS
Wirtschaft und Verwaltung besser vernetzen
Unterschiedlichste Informations- und Meldepflichten (IMP) verlangen von Unternehmen, Daten und andere Informationen für Behörden oder Dritte zu beschaffen, verfügbar zu halten oder zu übermitteln. WebSKM ist eine Datenbank des Statistischen Bundesamtes, die einen umfassenden Überblick über die einzelnen Pflichten von Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft gibt. Hier sind derzeit rund 14.000 solcher IMP für Unternehmen erfasst. Im Rahmen des Projekts PROKETTA wurden die Prozesse in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und die Schnittstellen zur öffentlichen Verwaltung für besonders kostenintensive IMP analysiert, Optimierungsvorschläge und eine App für effizientere Geschäftsprozesse – Der "Vorgangsbegleiter" – erarbeitet. Projektmitarbeiterin Friederike Thessel vom Potsdam eGovernment Competence Center (IfG.CC) erklärt Ergebnisse und weitere Herausforderungen.
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Frau Thessel, warum ist die Standardisierung der Meldepflichten wichtig für KMU?
Drei Perspektiven spielen eine Rolle: Zum einen trägt die Standardisierung dazu bei, dass bestimmte Vorgänge immer gleich bearbeitet werden. Das ist besonders dann von Vorteil, wenn immer wieder die gleichen Daten zugeliefert oder verarbeitet werden müssen. Dadurch können in kürzerer Zeit eine höhere Zahl bearbeitet und Ressourcen besser geplant werden. Zum anderen ist Standardisierung für Unternehmen wichtig, bei denen die Erfüllung von IMP zum Kerngeschäft gehört, z. B. Dienstleister für Großraum- und Schwertransporte. Der dritte Aspekt ist die Standardisierung als Grundlage für Prozessverbesserungen. Standardisierung erfordert immer, dass sich eine Organisation vorab mit ihren Arbeitsabläufen auseinander setzt. Fachwissen, das vorhanden ist, kann dokumentiert und zwischen Mitarbeitern geteilt werden.
Friederike Thessel
Was haben Sie in Ihren Interviews mit Mitarbeitern von KMU und Behörden erfahren, wo liegen besonders hohe Bürokratiebelastungen?
Wir haben uns gezielt auf Prozessketten zu behördlichen Genehmigungsverfahren konzentriert, bei denen eine Vielzahl von Akteuren – z. B. Antragsteller, Genehmigungsbehörde, Gutachter – beteiligt ist. Besonders aufwendig sind die Phasen der Antragsvorbereitung sowie der Beteiligung. Oft ist neben dem eigentlichen Antragsformular eine Vielzahl von Unterlagen zusätzlich einzureichen. Unternehmen fühlen sich durch die Fülle oft überfordert, Behörden wiederum erhalten unvollständige Unterlagen oder Fristen und Gesprächsangebote werden nicht eingehalten. An dieser Stelle besteht die Leistung des PROKETTA-Projektes darin, dass durch die Erhebung der Prozessketten transparenter wird, welche Seite welche Anforderungen und Bedürfnisse hat.
Welche Instrumente wurden dafür erarbeitet?
Wir haben eine umfassende Methode zur Prozesserhebung und -dokumentation so entwickelt und standardisiert, dass sie auch von Mitarbeitern genutzt werden kann, die sich mit dem Thema Geschäftsprozessmanagement noch gar nicht beschäftigt haben. Weiterhin haben wir im Projekt den IfG-Geschäftsprozessmanager entwickelt. Dieses Tool visualisiert in anschaulicher Form Informationen zu den erhobenen Prozessen und Prozessketten. Ergänzend wurde im PROKETTA-Projekt als App-Anwendung für ein Tablet, ein sogenannter "Vorgangsbegleiter" entwickelt. Mit dem Vorgangsbegleiter können stichprobenartig bereits dokumentierte Prozessabläufe validiert und Prozesswissen um Informationen speziell zu Transport-, Warte- und Liegezeiten ergänzt werden. Die Auswertungen dieser "Prozessbegleitung" geben Hinweise auf Optimierungsmöglichkeiten und erlauben es, Optimierungsansätze besser zu priorisieren. Die Erfahrungen und Ergebnisse speziell zu den Themen Sicherung von Fachwissen und Geschäftsprozessmanagement vermitteln wir in Roadshow-Veranstaltungen, die als Workshops angelegt sind. Die bundesweiten Roadshows werden noch bis März in Kooperation mit Industrie- und Handelskammern sowie eBusiness-Lotsen durchgeführt.
Ausblickend auf das Projektende im März: Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Handlungsbedarf besteht vor allem bei der Vermittlung von Wissen rund um das Thema Geschäftsprozessmanagement bei KMU. Spätestens wenn es darum geht, Fachwissen von Mitarbeitern zu sichern, die das Unternehmen verlassen, wird deutlich, dass Arbeitsabläufe besser erfasst werden müssen. Zudem bestehen oft erhebliche Umsetzungsdefizite: Projekte werden angestoßen, Arbeitsabläufe zur Verbesserung modelliert und analysiert, Optimierungspotenziale und sogar Soll-Prozesse entwickelt; Finanzierungsprobleme, unbewegliche Strukturen, mangelndes Changemanagement, fehlende Unterstützer im Management oder bei Behörden auf der politischen Ebene stehen dann aber oft der Umsetzung entgegen.