AKTUELLES AUS DEN PROJEKTEN
Zertifikatsinformationen in der Blockchain
© Marian Hüer / it.emsland
Die CERTIVATION GmbH mit Sitz im emsländischen Lingen bietet als unabhängige Zertifizierungsstelle die Auditierung und Zertifizierung von Managementsystemen auf der Basis internationaler Normen an. Das junge Unternehmen vergibt als Nachweis ein Zertifikat und veröffentlicht zusätzlich die Zertifikatsinformationen. Hierfür nutzt es die Blockchain-Technologie, eine Technologie, die auch für die bekannten digitalen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum verwendet wird. Im Interview mit Alexander Bose vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen erklärt Sebastian Beyer, Product-Manager bei der CERTIVATION GmbH, was bei dem Einsatz von Blockchain-Lösungen wichtig ist und wie kleine und mittlere Unternehmen davon profitieren können.
Was genau wird bei der CERTIVATION GmbH über die Blockchain-Technologie abgebildet? Was machen Sie damit?
Sebastian Beyer: Unser Service „Blockchain Ensured Certificate“, kurz BEC, also durch die Blockchain abgesicherte Zertifikate, ermöglicht es uns, Zertifikate mit Hilfe der Blockchain-Technologie manipulationssicher und für jeden transparent und öffentlich einsehbar in die Ethereum-Blockchain einzutragen. Diesen Service bieten wir für von uns ausgestellte Zertifikate an und zusätzlich auch für Zertifikate anderer Zertifizierungsstellen wie z.B. dem TŰV. Als Nachweis erhält jeder Nutzer ein „digitales Zertifikat“ mit allen relevanten Transaktionsinformationen und einem QR-Code, mit dem die Informationen des Original-Zertifikats in der Blockchain abgerufen werden können.
Warum hat sich Ihr Unternehmen als Zertifizierungsstelle für die Blockchain-Technologie entschieden?
Beyer: Der Missbrauch von Zertifikaten hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Durch die Prüfung von Zertifikaten und den anschließenden Eintrag in die Blockchain stellen wir sicher, dass die Zertifikate authentisch sind, nicht manipuliert wurden und nicht für Fälschungen genutzt werden können. Mit dem Eintrag in die Blockchain machen Unternehmen ihr Zertifikat transparent. Das wirkt sich vertrauensbildend aus. Zudem zeigen Unternehmen damit, dass sie neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen und innovationsfreudig sind.
Die Blockchain also als vertrauensbildender Faktor?
Beyer: So ist es! Sicherheit, Transparenz und Unabhängigkeit sind Kernwerte bei der Zertifizierung von Managementsystemen. Für all dies stehen auch öffentliche Blockchains, da sie, nach heutigem Stand, nicht manipuliert oder durch eine einzelne Person kontrolliert werden können. Außerdem sind die Informationen an unabhängiger Stelle jederzeit und für jeden einsehbar, was ein weiteres Grundkriterium bei der Technologieauswahl war. Darüber hinaus sehen wir noch viele weitere Einsatzmöglichkeiten für die Blockchain-Technologie, um Prozesse transparenter, schneller und einfacher zu machen. Dies passt zur Ausrichtung unseres Unternehmens, das neue Wege bei der Zertifizierung gehen will, um die Auditierungs- und Zertifizierungsabläufe noch effizienter und somit kundenorientierter als andere Anbieter zu gestalten.
Welche Voraussetzungen mussten vor dem Einsatz der Blockchain geschaffen werden?
Beyer: Am wichtigsten ist es zu verstehen, wie die Blockchain-Technologie funktioniert. Dafür sollte man sich Zeit nehmen, da dies die Basis für ein späteres Projekt ist. Hierbei ist es auch wichtig zu verstehen, welche Blockchains es gibt und welche zu meiner Idee am besten passen. So kann z. B. eine private Blockchain die richtige Wahl sein, wenn es um sensible Daten geht. Außerdem benötigt man Kenntnisse, um die Schnittstellen zu programmieren, die den Eintrag in die Blockchain ermöglichen. Um schnell unsere Vorstellungen umsetzen zu können, haben wir die Erfahrung und Unterstützung eines externen Dienstleisters in Anspruch genommen, der bereits viel Erfahrung in diesem Bereich hat, die Chainstep GmbH. Letztendlich sind die Transaktionen, also die Eintragungen der Zertifikate in der Blockchain nicht kostenlos, auch wenn wir den Service für unsere Kunden gebührenfrei anbieten. Für die Bezahlung werden in der Regel blockchain-basierte Kryptowährungen verwendet. Hierfür braucht man eine sogenannte Wallet, eine digitale Geldbörse und ein Guthaben in der entsprechenden Kryptowährung, um den Eintrag in die Blockchain zu bezahlen. Hier gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Anbietern und Handelsplattformen, so dass an dieser Stelle keine eigene Entwicklung mehr notwendig war.
Wo hat die Blockchain-Technologie Ihrer Ansicht nach Grenzen?
Beyer: Das ist eine wichtige Frage. Viele Menschen sehen Blockchain als Lösung für alles. Dem ist nicht so. Insbesondere die Transparenz von öffentlichen Blockchains kann auch ein Problem sein. Wenn sensible oder geschäftsrelevante Daten geteilt werden sollen, soll dies in einer geschützten Umgebung passieren und der Nutzerkreis klar definiert sein. Für diesen Fall eignet sich eventuell eine private Blockchain. In den meisten Fällen reicht aber eine herkömmliche Datenbank.
Und was ist mit den Kosten?
Beyer: Gerade die schwankenden Transaktionskosten von öffentlichen Blockchains stellen durchaus ein Risiko dar. Unternehmen, die auf konstante Kosten für den Eintrag ihrer Daten in die Blockchain angewiesen sind, sollten die Nutzung einer öffentlichen Blockchain vermeiden. Hier kann es sein, dass aufgrund einer steigenden Anzahl an Transaktionen in der Blockchain Transaktionskosten drastisch steigen und der Eintrag nicht mehr 0,10 EUR, sondern 10 EUR kostet.
Für wen eignet sich Ihrer Meinung nach die Blockchain-Technologie?
Beyer: Grundsätzlich gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain. Dennoch stechen natürlich einige Branchen hervor. Insbesondere der Logistiksektor, aber auch Bereiche in denen Authentizität wichtig ist, sind ideale Spielfelder für den Einsatz von Blockchain. Wir prüfen zurzeit, unter welchen Bedingungen es möglich sein kann, personenbezogene Zertifikate in die Blockchain zu bringen wie beispielsweise Schulungsnachweise oder Zeugnisse. Dies muss natürlich in Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung erfolgen. Aber auch das Löschen von Datenspeichern auf zurückgegebenen Smartphones ist ein Anwendungsfall, den wir derzeit mit einem kleinen Unternehmen entwickeln. Hier kann die Blockchain als fälschungssicherer und transparenter Nachweis der durchgeführten Löschung genutzt werden. Ich möchte kleinen und mittleren Unternehmen empfehlen, die Blockchain-Technologie einfach mal auszuprobieren und mit einem einfachen Anwendungsfall zu beginnen. Das ist nicht teuer und benötigt nur ein wenig Forschergeist. Nur so bekommt man ein Gefühl für die Technologie.
Zum Abschluss noch eine Frage: Blockchain und datengetriebene Geschäftsmodelle. Passt das zusammen?
Beyer: Undbedingt! Automatisierung, Authentizität und Schnelligkeit, die Blockchain macht vieles möglich. Zudem ist gerade bei datengetriebenen Geschäftsmodellen die Vernetzung von Schlüsselpartnern eine relevante Kompetente, so dass die starken Eigenschaften der Blockchain-Technologie hier voll zum Tragen kommen.